17. Oktober 2020
Ausflug der Woche: Steigerwald, Weinberge und feine Kulinarik
Aus: »Weinfranken« von Nicole Dietrich und Antje Schmelke-Sachs
Wandertour zum ältesten Rebstock Deutschlands!
Die Wanderrunde über den Schwanberg hat ihren ureigenen Reiz. Sie verläuft über naturnahe Pfade, aber auch mitten durch die Weinberge und über Waldwege. Hier wechseln sich Sonne und Schatten ab. Die »schönste Weinsicht Frankens« (am Schlossberg, 2012 vom Deutschen Weininstitut gekürt) versüßt mir außerdem die Tour. Als besonderes Highlight zeigt sich, wenn Sie diese Wanderung im April unternehmen, die wilde Weinbergstulpe in ihrer vollen Pracht.
Strecke: Iphofen – Castell – Iphofen Länge: 26 km (als Rundtour; auch halbierbar zu 13 km) Höhenunterschied: 300 m Markierung: Steigerwald-Panoramaweg u. Steigerwald-Weinwanderweg Einstiegspunkt: Marktplatz Iphofen Anreise mit dem Pkw: Parkmöglichkeit am Parkplatz Knauf-Halle, danach in Blickrichtung Innenstadt zur Kirche gehen, neben der sich die Tourist-Information und unser Ausgangspunkt befindet. Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Zugverbindung Würzburg–Nürnberg, Ausstieg Iphofen Wanderkartenempfehlung: Fritsch Karten, Nr. 67, Naturpark Steigerwald Wegbeschaffenheit: Der Steigerwald-Panoramaweg ist ein Waldweg mit teilweise schmalen Passagen. Lediglich der Anstieg auf den Schwanberg ist über Wirtschaftswege der Weinberge erreichbar. Der Rückweg führt großteils über befestigte Wirtschaftswege. Nicht geeignet für Kinderwagen und Rollstuhl. Schwierigkeitsgrad: mittel, ein kurzer starker Anstieg, viele Waldwege, etwas Schotter Familientauglichkeit: Ein großer Spielplatz auf dem Schwanberg am Kloster bietet reichlich Spielspaß für Kinder. Auch Castell und Iphofen warten mit Spielplätzen auf. Im Wald gibt es zudem sicherlich viel zu entdecken. Wetter: Die wilden Weinbergstulpen blühen in der Regel Mitte/Ende April. Diese Wanderung ist jedoch ganzjährig reizvoll. Im Sommer bietet der Wald reichlich Schatten und Kühle. Im Winter stellt er einen Regenschutz bei schlechterem Wetter dar. Weingüter und Gastronomie heißen zudem ganzjährig ihre Gäste willkommen.
Hier geht’s lang Diese Wandertour ist von Iphofen bis nach Castell durchgehend sehr gut ausgeschildert mit dem Symbol des Steigerwald-Panoramaweges. Der Weg führt mit einem kurzen, aber kräftigen Anstieg auf den Schwanberg und leicht abfallend zum Ziel. Der Rückweg von Castell nach Iphofen ist ebenso gut gekennzeichnet – mit dem Symbol des Steigerwald-Weinwanderwegs – und weitestgehend ohne starke Steigungen zu begehen.
Das gibt’s zu sehen Mein Tag auf dem Steigerwald-Panorama- und dem Steigerwald-Weinwanderweg
Wie soll ich dieses Kapitel nur beginnen? Nachdem ich nun schon seit vielen Jahren in Castell lebe und meine Wahlheimat wahrhaft lieben gelernt habe, fällt es mir hier ganz besonders schwer, eine Auswahl zu treffen, die diesem Rahmen entsprechen kann.
Eine Tour durch die historische Altstadt Iphofens (mit seiner einerseits bestens erhaltenen und mitunter restaurierten Stadtmauer und den imposanten Toren) zu Beginn der Wanderung anzugehen, würde die Ausmaße eines Tagesausflugs sprengen. Wenn es Ihnen irgendwie möglich ist, bleiben Sie am besten gleich ein paar Tage zu Gast in dieser hübschen Stadt am Fuße der Weinberge und nehmen Sie sich die Zeit, sie vollends auf sich wirken zu lassen.
Ich folge bei meiner Tour dem gut ausgeschilderten Steigerwald-Panoramaweg im Stadtkern – es geht durch die Iphöfer Weinbergslagen Kronsberg und Julius-Echter-Berg hinauf und Richtung Schwanberg.
Auf dem gemächlich ansteigenden asphaltierten Weg durchstreife ich Zeilen von Silvaner, Riesling, Burgunder, Scheureben und Müller-Thurgau. Hin und wieder entdecke ich auch eine Domina. Die Domina ist eine typisch fränkische Rebsorte, aus der kräftige und farbintensive rote Weine gekeltert werden.
Am hübschen Flurdenkmal des Julius-Echter-Berges, geschlagen aus Sandstein, lege ich eine kurze Rast ein und gönne mir einen Blick zurück auf die Stadt. In der Ferne zeigt sich das Weinparadies, aber ebenso zeigen sich auch die Weinhänge am Mainufer bei Sulzfeld, die ich an diesem Tag bei klarer Sicht wunderbar betrachten kann.
In den Weinbergen herrscht an diesem Hochsommertag angenehme Stille. Die letzten Winzer widmen sich der »grünen Lese«. Sie entfernen die zu üppig gewachsenen Trauben, lassen lediglich eine kleine Menge am Weinstock zurück. Somit kann sich die Rebe auf die wenigen zurückgebliebenen Trauben konzentrieren und ihren gesamten Extrakt darin einlagern. Das wird sicher ein klasse Wein! Zumindest an den Stöcken, an denen der Sonnenbrand in diesem Jahr nicht zugeschlagen hat. Einige Trauben sind vollständig eingeschrumpft. Diese Trauben haben die intensive Sonne der letzten Juliwoche nicht verkraftet und sind vollständig ausgetrocknet.
Nach einer halben Stunde Aufstieg erreiche ich den Schatten spendenden Wald und die Weinbergsgrenze, die vom informativen Geschichtsweinberg gekrönt wird. In diesem historischen Weinberg wird demonstriert, wie Weinbau in früheren Epochen betrieben wurde; er lässt zudem Lebensräume, die früher eng mit dem Weinbau verbunden waren, wieder aufleben. Dazu gehören typische Elemente wie Trockenmauern, Weinberghäuschen, Hecken und eine Streuobstwiese.
Dem Steigerwald-Panoramaweg weiter folgend, erreiche ich nach einem nur fünfminütigen, aber schweißtreibenden Aufstieg durch den Wald eine Abzweigung. Hier lohnt sich der kurze Abstecher zum Geotop mit fantastischer Aussicht über die weiten Weinbauflächen des südlichen Steigerwaldes.
Nach nunmehr dreieinhalb Kilometern ist der Schwanberg erreicht. Die Menschen hier oben sind entspannt. Alles ist geprägt von Gelassenheit und Stille. Ein beschaulicher Ort für eine besinnliche Rast.
Gegenüber der Kirche zweigt der Steigerwald-Panoramaweg über Treppenstufen hinab. Wenige Meter nach dem Schloss Schwanberg macht der Weg dann seinem Namen alle Ehre. Ein gigantischer Aussichtspunkt gibt den Blick frei über das fränkische Weinland. Ich werde belohnt und kann sogar bis in den Spessart hinaus dessen Höhenzüge betrachten. Segelflieger ziehen ihre Kreise, die fernen Windräder drehen fleißig ihre Rotoren. Noch einmal lasse ich meinen Blick in die Ferne schweifen, bevor ich die nächste Wegstrecke in Angriff nehme.
Nun führt mich der Weg in den Schlosspark hinein, in dem wilder Thymian in seiner rosa Blüte steht. Mitten durch den Friedwald führt der Weg vorbei an kleinen Waldoasen und zeigt die ein oder andere Hinterlassenschaft der Kelten. Es duftet nach Pilzen, frisch geschlagenem Holz und wilden Minzpflanzen.
Nach sieben Kilometern öffnet sich der Wald und ermöglicht mir einen Blick ins weite Traubenmeer. Castell liegt vor mir.
Die Weinberge zu meinen Füßen. Die imposante Kirche lehnt am steilen Hang, der letzte Turm der alten Burganlage thront auf ihr. Fast wie ein kleines Paradies aus Tausendundeiner Nacht. Der Schlossberg als beste Weinlage des Ortes wacht über dem Dorf. Am Rande des Waldes reihen sich die Weinberge von Greuth und Abtswind in hübschen Hügelformen auf. In der Ferne kann ich den höchstgelegenen Weinberg Frankens – den Handthaler Stollberg – und die Reste der Ruine Stollburg in Handthal sehen. Und sogar die Vogelsburg an der Mainschleife auf der berühmten Weinbergslage Escherndorfer Lump ist deutlich zu erkennen.
Hier verlasse ich nun den Steigerwald-Panoramaweg und steige hinab ins (ausgeschilderte) Dorf. Viele Rebstöcke säumen den Weg rechts und links. Die Reben hier, vorrangig Silvaner, sind schon sehr alt. Prächtige Stämme zeugen davon. Die Trauben sehen gesund aus. Ich wiederhole mich: Es scheint ein fantastisches Weinjahr zu werden.
Ich durchstreife die Weinberge des Kugelspiels, die Kirche immer im Blick, bis ich diese schließlich auch erreiche. Ob ich wohl eintreten darf? Ich bewege vorsichtig die Türklinke – und die Türe geht auf. Die Schlichtheit des Kircheninneren offenbart sich mir nun. Die Sonne wirft hübsche Schatten durch die Bleiglasfenster. Der Alabasteraltar zeigt sich von einer zurückhaltenden Schönheit.
Bergabwärts führt mich mein Weg vorbei an der Museumsscheune, die jeden Gast tagtäglich zum Eintritt oder auch zur Rast einlädt. Das liebevoll restaurierte alte Dorfhaus bietet als kleines Museum reichlich Einblicke in die Arbeit der Winzer. Die steile Straße hinunter folge ich dem Dorfrundgang – vorbei am ältesten Rebstock Deutschlands, der sich gemütlich an die Gebäudemauer des Casteller Archivs lehnt. Am Fuße des Kniebrecher, wie diese steile Straße zurecht heißt, wende ich mich dem Schlosspark zu und durchstreife ihn. Das Areal der in Castell ansässigen Fürstenfamilie Castell-Castell steht jedem Gast offen. Es ist durchzogen von einem kleinen Bachlauf, der das berühmte Bitterwasser führt, welches Castell einst zum Wildbad machte. Der freie Blick auf das von der Fürstenfamilie bewohnte Schloss mit seiner gepflegten Parkanlage strahlt beschauliche Ruhe aus.
Nach genussreicher Einkehr führt mich meine Wanderung entlang der Weinberge über den ausgeschilderten Steigerwald-Weinwanderweg über weitere 13 Kilometer nach Iphofen zurück.
Text (gekürzt): Antje Schmelke-Sachs
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