22. August 2020
Ausflug der Woche: Von Erlangen-Frauenaurach nach Dechsendorf
Aus: »Nürnberg, Fürth, Erlangen. Bethang: Wandern an den Grenzen einer Stadtutopie«
Weglänge: 10,6 km, keine Steigungen Netto-Gehzeit: knapp 3 Std., dazu ein Abstecher Wegverlauf: Frauenaurach – Steudach – Häusling – Kosbach – Dechsendorf Start: in Frauenaurach; dorthin von Erlangen Hbf. Bahnhofsplatz mit Buslinie 281 zur Haltestelle Wallenrodstraße (lohnend: bei der darauffolgenden Haltestelle Aurachbrücke aussteigen und zurück zur Wallenrodstraße gehen) Rückfahrt: von Dechsendorf, Haltestelle Weisendorfer Straße, Buslinien 202, 205 nach Erlangen Hbf. Halte unterwegs: in Steudach, Häusling sowie in Kosbach Buslinien 287, 293 nach Erlangen Hbf. Einkehrmöglichkeiten: Gaststätten und Cafés in Frauenaurach; in Häusling: Gasthaus Schreyer (Mittwoch geschl., Tel. 0 91 31/4 18 11); in Kosbach: Hotel Polster (Tel. 0 91 31/75 54-0) und Restaurant Die Fischerei (Montag, Dienstag geschl., Tel. 0 91 31/4 55 56); in Dechsendorf: Gasthof Mayd (meist nur abends, Dienstag geschl., Tel. 0 91 35/27 66) und Gasthof Rangau (Tel. 0 91 35/80 86)
Von der Bushaltestelle Wallenrodstraße in Frauenaurach (benannt nach Kunigunde von Wallenrod, der letzten Priorin des Klosters) durch eben diese Straße zur Matthäus-Kirche . Sie entstand im 13. Jahrhundert als Klosterkirche der Dominikanerinnen und wird von einem romanischen Portal und einer Madonna aus dem Jahr 1320 im Chor geschmückt; dort befindet sich auch die Grabplatte der letzten Priorin. Das Kloster wurde 1525 im Bauernkrieg geplündert, die Kirche 1553 im Zweiten Markgrafenkrieg völlig zerstört. Der stolze Kirchturm entstand erst Anfang des 18. Jahrhunderts, denn ursprünglich hatten Klöster von »Bettelorden« aus Bescheidenheit keinen Turm, sondern nur einen Dachreiter.
Beim Abbiegen am Ende der Wallenrodstraße stoßen wir auf die Markierungen des Bethang-Rundwanderwegs. An historischen Gebäuden wie dem Hotel Schwarzer Adler vorbei (ab 18 Uhr »Brotzeitstube« oder »Kulturpub«) zielen wir genau zur Bäckerei Mörtel, wo auf Privatgrund der Durchgang gestattet ist (und man dies durch Rücksichtnahme und Verproviantierung danken könnte). Zwischen Rottmannsgäßchen und Ellenbogen geht es in den Hof hinein und mittels eines Fußgängerdurchgangs zur Herzogenauracher Straße. Weiter gut markiert auf kleinen Wegen, mit einer Spitzkehre vor der Sperbersklinge, durch die Cosimastraße und nördlich in die Gaisbühlstraße. Zugegeben: Die Bethang-Grenze verläuft hier eigentlich zwei Kilometer weiter im Westen. Aber jetzt geht’s wieder drauf zu!
Eine Brücke hilft in Richtung Steudach über die Niederndorfer Straße hinweg. Das vorherige Passieren der Kantstraße – dem großen Philosophen der Vernunft ist rein zufällig eine kurze Sackgasse gewidmet? – soll wegen des Kontrastes zum unmittelbar Folgenden nicht unerwähnt bleiben: Soweit es ausgedehnte Maisfelder zulassen, die jahreszeitenabhängig mitunter sehr hoch gewachsen sind, sehen wir rechts eine stattliche Siemensanlage, seitlich begrenzen riesige Logistik- oder Gewerbehallen den Horizont, nach vorne verbarrikadiert ein Gewirr aus Strommasten den Himmel, in der Ferne ragt der obere Teil eines bekannten Erlanger Schlots (total 141 Meter hoch, nachts lila oder andersfarbig angestrahlt) gen Himmel. Einige hypertrophe Schuhschachteln signalisieren, was in BethANG Sache ist. (Ja, die vielen Menschen brauchen Wohnraum, Arbeitsplätze etc. pp. – da hilft keine Romantik. In so ziemlich allen Richtungen verkündigen zahllose schlanke, ausladende Krangestalten die Zukunft.
Im Linksbogen, vor uns eine Weiherkette, erreichen wir Steudach, das wieder näher an der Bethang-Grenze liegt. Auf der Straße Sankt Michael in westlicher Richtung hindurch und bei einer Einmündung mit Barocksäule und Bushaltestelle St. Michael (Linien 287, 293 nach Erlangen Hbf.) rechts in die Kieselbergstraße hinein. Weit drüben, hinter dem Alterlanger Wohnblockkoloss Langer Johann, sind kurz die Felswand des Rodensteins am Walberla zu sehen und daneben der Höhenrücken der Langen Meile. Voll ins Bild treten hochkantige Schuhschachteln jedes Zuschnitts. Im Westen tobt die Autobahn. Oder wir hören wegen zäh fließenden Verkehrs bzw. Staus so gut wie nichts. Die Raststätte Aurach leuchtet beharrlich bläulich herüber, jenseits der A3 hebt »Herzo« mit seiner Sportindustrie das modern frisierte Haupt. Wenn man bedenkt, dass der Begriff »Sport« von »sich zerstreuen, ablenken« herstammt – gemeint waren da die unumgänglichen Alltagspflichten …! (Nein, besser nix denken!) Über all dem tummeln sich kleine Flieger des Flugplatzes Herzogenaurach, der 1935 zur Ausbildung von Jagdfliegern angelegt wurde.
Nach einem Weiher geht’s von der Straße ab in einen Feldweg (treffender vielleicht: »Agrarstraße«) und – bitte Nachsicht mit dem Markierer in solch schwierigem Landwirtschaftsgelände! – nach 800 Metern rechts haltend zur Waldecke. (Endlich begegneten uns lebendige, nicht überfahrene Exemplare der Gattung »Meister Lampe«.) Ein sehr großes Markierungszeichen, ein sogenanntes Rufzeichen, ruft uns zum Waldrand! Dort ein wenig nach links und durchs Waldstück, hinter dem die paar Häuslein von Häusling hingestreut liegen. Das Walberla schwebt als Bethang-Vorgebirge weit voraus, der nahe Lärm bzw. die Stau-Stille ist gleich herabstimmend geblieben.
Wir haben soeben den Bereich durchschritten, wo die »StUB«, die Stadt-Umland-Bahn Nürnberg-Erlangen-Herzogenaurach geplant ist. Es handelt sich um eines der größten Straßenbahnprojektem in Deutschland! Die wachsenden Wirtschaftsstandorte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach sollen nachhaltig verbunden werden. (Beranzo-Bahn: Fürth und sein th bleiben außen vor, dafür ist »Herzo« mit zo im Spiel; s. S. 74ff.) Nördlich der Autobahnraststätte Aurach wird die A3 überbrückt, möglichst mit einer Park&Ride-Anlage genau hier – quasi »Autobahn- schwupp-StUB«! Trotz vieler Jahre der Planungen wird noch über die genaue Trassenführung diskutiert. Auch die Überquerung des sensiblen Regnitzgrunds ist ein großes Problem.
In Häusling beim Gasthaus Schreyer über die Haundorfer Straße (ganz am östlichen Ende Bushaltestelle). An einer Mariensäule sowie einer Messstation des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz vorbei zu einem Feldweg. (Jaja, messen und beten ist das Mindeste, was der Mensch tun kann, wenn er nicht einfach alles Wichtige verschläft! Vgl. dazu auch »messet und betet«, oder so, in der biblischen Passionsgeschichte, Garten Gethsemane.)
Wieder entfaltet sich ein Panorama kompromissloser Optik. Trost bieten im Osten der ferne Hetzles und im Südosten der ganz ferne Moritzberg. An dieser Wegstelle hat’s der Markierer auch wieder schwer! Links haltend kommen wir näher zu den Medusenhäuptern von Herzo, doch Gott sei Dank geht’s rechts zu einer stattlichen Scheune, danach an einem Gehölz entlang zum großen, bei Wasservögeln sehr beliebten Dorfweiher. Vor ihm, eine Biogasanlage und höchstens mittelglückliche Hühner streifend, zum Ortsbeginn von Kosbach, welches fast ein Bethang-Grenzort ist. Gleich bei der Josefskapelle, die wie ein Schiffsbug in den Dorfweiher ragt, rechts zum Gasthof-Hotel Polster bzw. ein wenig weiter, beim Deckersweiher, zum Restaurant Die Fischerei (mit Fischzucht). Danach – sehr passend – links in den Karauschenweg (die Karausche ist eine Karpfenart). An seinem Ende rechts, wo ein bedrückendes Holzkreuz von 1945 steht, liegt eine Bushaltestelle (Linien 287, 293). Wir gehen gegenüber vom Karauschenweg in die Forststraße, am Ortsende ins Landschaftsschutzgebiet. Rechts glänzen Großauweiher und Dummetsweiher, von entfernten Kirchtürmen und einem großen, wohlbekannten Schlot (141 Meter hoch) überragt. Beim Erreichen des Walds zusammen mit dem lokalen Weg Nr. 5 nach links über die Straße in das kieferndominierte, gefällige Waldgebiet (Stand: Winter 19/20). Wo der Karpfen-Radweg auftaucht (– tatsächlich, ein Fisch mit Fahrrad!), beginnt ein lohnender, markierter Abstecher zum bedeutendsten Bodenfund der Gegend, dem sogenannten Kosbacher Altar.
Im molto crescendo der highway-minimal-music kommen wir im Wald ganz nah an die exakte Bethang-Grenze, die aber, außer für Lebensmüde, unerreichbar ist. Sie verläuft nämlich jenseits der Autobahn A3 direkt an deren Rand.
Es geht durch Wald auf schönen Wegen. Der lokale Weg Nr. 5 zieht geradeaus weiter, wo wir uns links an den Saum des großen Waldgebiets Mönau halten. Es wurde vor Jahrzehnten zum »Bannwald« erklärt, genießt also gemäß BayWaldGesetz »Erhalt und Schutz«. (»Men-au« bedeutet übrigens »Jungvieh-Weide«.) Seit 1975 versuchen hier Förster, widerstandsfähigen Mischwald auf dem Sandsteingrund hochzupäppeln, und ein Bündnis aus Bayerischen Staatsforsten und dem Erlanger Naherholungsverein hat in diesem Landschaftsschutzgebiet Übersichts- und Informationstafeln installiert, zu Themen wie Nachhaltigkeit, Forstwirtschaft und Umweltschutz.
An Weihern vorbei streben wir in Richtung Dechsendorfer Kirchturm und erreichen die Weisendorfer Straße im heutigen Zielort (Klein-) Dechsendorf. Die Bethang-Markierung führt für den nächsten Wandertag geradeaus hinüber zum Brühl. (Brühl ist ein ausgestorbenes Wort für Wiesen, Wald und Feuchtgebiet und heute nur noch in Flur- und Siedlungsnamen erhalten.)
Wir gehen höchstwahrscheinlich an der hochfrequentierten Weisendorfer Straße ein kurzes Stück nach rechts zur Bushaltestelle der Linien 202, 205 mit häufigen Verbindungen nach Erlangen Hbf.
Anm. d. Red.: Alternativ kann natürlich auch die Nähe zum Dechsendorfer Weiher für eine Abkühlung nach der Wanderung ausgenutzt werden!
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